Kleine Anmerkung zu „Barbara Kruger: „Auch ich fragte: Was soll das?“. Über das Unverständliche der Kunst und den gar nicht idiotischen Donald Trump – ein Gespräch mit der US-amerikanischen Konzeptkünstlerin Barbara Kruger, die jetzt in Goslar mit dem berühmten Kaiserring geehrt wird.“, Interview: Tobias Timm.
DIE ZEIT Nr. 38/2019, 12. September 2019
https://www.zeit.de/2019/38/barbara-kruger-kuenstlerin-kaiserring-goslar
Es lohnt sich, näher auf die Bedeutung von Barbara Krugers bekanntem – zuletzt in redigierter Form verwendetem – Zitat von Frantz Fanon einzugehen: “BLIND IDEALISM IS REACTIONARY SCARY DEADLY.” Kruger hatte das Zitat bereits in einem früheren Werk verwendet (für ein künstlerisches Geschenkpapier, das sie 2007 für den Guardian entworfen hat, siehe https://66.media.tumblr.com). Doch diesmal hat sie die mittleren Worte „reactionary und scary“ durchgestrichen.
Der auf Martinique geborene französische Psychiater und Schriftsteller Frantz Fanon (1925-1961) war ein Vordenker der Entkolonialisierung. Sein bekanntestes Werk trägt den Titel „Die Verdammten dieser Erde“. Fanon wurde zu einer – oftmals missverstandenen – berühmten Ikone des studentischen Aufbegehrens in den 60er Jahren in Europa, seine Werke wurden als eine Gebrauchsanweisung für den bewaffneten Befreiungskampf verstanden, als Blaupause für einen ins Gewalttätige umschlagenden „blinden“ Idealismus, dem Kruger skeptisch gegenübersteht. Kruger, die sich nicht als politische Künstlerin sieht, aber kritisch ihre Gegenwart beobachtet – besonders die Ära Trump, den sie als politischen „Clown“ bezeichnet hat -, interessiert sich viel mehr für die Zweifel, die ein Loch in diesen blinden Idealismus bohren. Sie ist keineswegs gegen den Idealismus, aber sie will den Betrachter dazu bringen, die eigenen Beweggründe kritisch zu hinterfragen. Politische Überzeugungen entstammen ihrer Meinung nach aus bestimmten Situationen, nicht aus der idealistischen Natur des Einzelnen. Worauf es ihr ankommt, ist es zu zeigen, „wie wir und was wir füreinander sind im Rahmen der Tage und Nächte, die uns zu dem machen, was wir sind.“